Das Wandern ist des Müllers Lust
Außergewöhnliche klimatische Bedingungen dürfen für Militärbeobachter kein Problem darstellen, sie müssen bei einem möglichen Einsatz mit unterschiedlichsten Klimazonen und Temperaturbedingungen zurechtkommen. Eine hervorragende physische und psychische Verfassung ist dafür Grundvoraussetzung. Selbige wurde den Teams auch bei der Fußpatrouille am Montag abverlangt, denn Sonne und Wolken verbunden mit einer Temperatur um die 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit sorgten für gehörige Strapazen. Der rund achtstündige Marsch, erschwert durch Splitterschutzweste, Kommunikationsmittel, Rucksack und Helm, brachte für die Patrouillenteams eine extreme körperliche Belastung.
Acht Stationen mussten angelaufen werden. Szenarien, hervorgegangen aus Erfahrungen von realen Einsätzen, wurden von den Roleplayern und den Instruktoren eingespielt. Im Mittelpunkt dabei standen Verhandlungen und Untersuchungen, die mit verschiedensten Institutionen mehr oder weniger freundlich durchgeführt wurden. Vom bedachten Bürgermeister, den gewaltbereiten Rebellen über die wissbegierigen Medien bis hin zu stummen Zeugen denen ihr Wissen entlockt werden sollte und dem Auffinden eines Verstorbenen reichte das Aufgabenspektrum, das von den Kursteilnehmern mit großem Einsatz und mit viel Teamgeist gemeistert werden musste. Dass dabei auch sehr übelriechende Erfahrungen gemacht wurden und furchtbare Destillate bei den harten Verhandlungen zum Einsatz kamen, stellte so manchem Kursteilnehmer vor eine echte Herausforderung, die er nur mit sehr viel Überwindungskraft meistern konnte.
Im Anschluss an jede Station wurde von den Instruktoren ein Debriefing durchgeführt, um aufgetretene Fehler gleich an Ort und Stelle zu beheben.
Nach dem Ende der kräfteraubenden Patrouille wurden die angehenden Militärbeobachter zusammengeführt und in einem Exercise-Briefing auf die am Dienstag stattfindende Motorpatrouille vorbereitet. Im Anschluss daran ging es zurück in die Teambases, wo die abschließenden Reports geschrieben wurden. Erst spät in der Nacht endete für die Kursteilnehmer der ereignisreiche Tag und sie fanden ein paar Stunden wohlverdienten Schlaf.
Niederländischer Kommandant im Sector Middle
Erstmals wird bei der Abschlussübung des United Nations Military Expert on Mission Course – Military Observer (UNMEM-MilObs) ein Force Headquarter betrieben. Zwei Angehörige der niederländischen School for Peace Operations, ein deutscher Offizier vom Vereinte Nationen Ausbildungszentrum in Hammelburg, ein Schweizer Offizier vom SWISSINT in Stans und ein österreichischer Offizier vom AUTINT in Götzendorf sorgen hier für die Verbindung zu den drei Sektoren, in denen geübt wird.
Eingerichtet ist das Force Headquarter im Ritter von Bergmannsaal in Hittisau. Sämtliche Situation Reports (SitRep) aus den drei Sektoren werden hier gesammelt, aufgearbeitet und zusammengefasst als aktuelles Lagebild wieder in die Sector Headquarters zurückgeschickt. Weiters führt das FHQ die Lagekarte und es ist für die detaillierte Einweisung des Force Commanders in alle Vorkommnisse in den Sektoren zuständig. Mit einem eigenen UNIMIC Journal wird auch das Geschehen in der Krisenregion Centland dokumentiert. Die Bevölkerung erhält auf diese Weise Einblick in die Fortschritte der Friedensbemühungen
Da das FHQ unter der Leitung der niederländischen Soldaten steht, besuchte ihr Kommandant, LTC Piet van Sambeek, seine eingesetzten Kräfte und ließ sich in ihre Arbeit einweisen. LTC van Sambeek nutzte seinen Besuch im Sector Middle für eine ausgedehnte Inspektionstour. Begleitet wurde er dabei vom österreichischen nationalen Kontingentskommandanten, Col Sandor Galavics. Bei der Station „Vermutetes Massengrab“ traf er auf Bert Bruins, seinen niederländischen Instruktor, der beim österreichsichen Teil des Kurses im Einsatz ist. LTC van Sambeek konnte alle Stationen der gerade laufenden Fußpatrouille besuchen und sich so einen tiefen Einblick in den österreichischen Kurs verschaffen. Erst am späteren Nachmittag verließ der niederländische Kommandant der School for Peace Operations den Sector Middle wieder.
Traurige Pflicht
Einige Instruktoren, die bereits auf diverse Einsätze als Militärbeobachter zurückblicken können, haben diese Situation schon erlebt. Gefallene müssen übernommen und an ihre Landsleute übergeben werden. Genau dieses Szenario stand für die angehenden Militärbeobachter am Sonntag am Programm. Zwei Liaison Officers der Intependent Province of Centland (IPC) übergaben der Besatzung einer UN-Beobachter-Teambase einen Gefallenen der Democratic Republik of United Centland (DRUC) mit der sie sich im Streit befindet. Die Übergabe des geöteten Soldaten an seine Einheit sollte als Zeichen des guten Willens und eines Schrittes vorwärts in den Friedensverhandlungen gesehen werden.
Für die eingesetzten Militärbeobachter ist die Übernahme eines Getöteten eine sehr traurige Arbeit, die jedoch professionell und mit dem nötigen Respekt gelöst werden muss. Da die Übergabe des Leichnams angekündigt wurde, war die UN-Militärpolizei und das internationale Rote Kreuz vorab informiert worden. Ebenso wie die lokale Polizei.
Da aber keine der offiziell dafür zuständigen Einheiten zum Zeitpunkt des Eintreffens der IPC Liaison Officers zur Verfügung stand, wurde der Gefallene von den UN-Militärbeobachtern übernommen und zu einem späteren Zeitpunkt von einer Patrouille der Teambase an einen mit Vertretern der DRUC vereinbarten Übergabeort gebracht.
Erschwert wurde die ganze Situation durch die Anwesenheit eines internationalen Medienteams, das von den Militärbeobachtern und den anwesenden Vertretern der IPC Statements zum Vorfall einholen wollte. Filmaufnahmen von der Übergabe wurden aus Pietätsgründen keine genehmigt, trotzdem gelang es den Medienvertretern in Gesprächen mit dem Presseverantwortlichen der Teambase wertvolle Informationen für ihre Berichterstattung zu erlangen. Nur wenige Stunden später wurden diese in den internationalen Nachrichtensendungen der interessierten Weltbevölkerung bekannt gemachen.
Nach einer kurzen Pause mit einem BBQ am Sonntagabend geht es am Montag mit einer ausgedehnten Fußpatrouille mit dem Schwergewicht „Investigation“ weiter.